info

worum geht
es hier?

2020 feiern wir 30 Jahre Deutsche Einheit. Und auch nach drei Jahrzehnten haben wir einen Ostbeauftragten, sprechen von „neuen“ Ländern und Ostdeutsche fühlen sich als Bürger zweiter Klasse. Der deutsch-deutsche Beziehungsstatus ist kompliziert. Statistiken und Berichte darüber gibt es zahllose. Zeit, das Problem aktiv anzugehen. Höchste Zeit für eine Paartherapie.

Auf dieser Seite kannst du in fünf Schritten deine Vorbehalte gegenüber Ost oder West rauslassen, reflektieren und überdenken. Auf dass die Mauer im dreißigsten Ehejahr etwas weiter bröckelt.

Entstanden ist dieses Projekt im Rahmen einer Bachelor-Arbeit für Kommunikationsdesign an der MD.H Berlin. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann die Bachelor-Arbeit herunterladen.

PDF herunterladen

häufige
fragen

+ -
Warum sieht die Seite auf dem Handy anders aus als auf dem Desktop?
Die Gestaltungsidee rund um das Spannungsverhältnis von Einheit und Teilung setzt sich auch im UX-Konzept fort: die mobile Version ist somit keine angepasste Variante der Desktopversion (oder umgekehrt), sondern hat eine grundverschiedene Funktion. Auf der Desktopversion der Seite durchläuft der Nutzer eine fünfschrittige Paartherapie. Auf der mobilen Version können Nutzer dagegen in Echtzeit sehen, welche Vorbehalte gegenüber Ost oder West bei der Paartherapie fallen. Die Mauer läuft also nicht nur metaphorisch durch die Köpfe der Deutschen, sondern auch durch die verschiedenen Medien, auf denen die Seite zu sehen ist. Das ist im Übrigen auch der Grund für das horizontale Menu, das sich wie eine Mauer quer über die Seite zieht.
+ -
Worum geht es in den fünf Schritten?
Schritt 1: Zur Rolle bekennen
Um eine Beziehungsdynamik zu erkennen, ist es im ersten Schritt wichtig, sich seiner Rolle in der Beziehung bewusst zu werden. Bist du mehr Ost oder mehr West? Diese Zugehörigkeit wird nicht zwingend qua Geburt(-sort) entschieden, sondern kann davon abhängen, wo du aufgewachsen oder in welcher Familie du sozialisiert worden bist. Deshalb fühlen sich auch noch viele Nach-Wende-Kinder zu einer der Seiten zugehörig.

Schritt 2: Den Konflikt ergründen
Welche Ursachen liegen dem Konflikt eigentlich zugrunde? Meistens sehen beide Partner die Schuld bei dem jeweils anderen und kommen mit der Erwartung in die Paartherapie, dass sich der Partner ändert. Dabei geht es in der Paartherapie nicht darum, sich den Partner zurechtzubiegen. Zweck ist es, mehr Verständnis und Akzeptanz füreinander zu entwickeln. Im zweiten Schritt geht es also darum, deinem Frust Luft zu machen aber auch darum, mehr Verständnis für die Wut der anderen Seite zu entwickeln.

Schritt 3: Wertschätzen (Harmonisieren)
Fakt ist: Um Ost-West-Konflikt Deutschlands schrittweise zu lösen, müssen wir miteinander sprechen. Oder besser: Wir müssen überdenken, wie wir übereinander sprechen. Vergegenwärtigen wie uns also mal, wie die Realität ohne die andere Seite aussähe: Wie wäre dein Leben ohne Deutsche Einheit? Im dritten Schritt geht es also um die Frage, was du an der anderen Seite bzw. was du an der Deutschem Einheit schätzt.

Schritt 4: Selbstreflexion (Empathie)
Egal, wie sehr du daran glaubst, dass die andere Seite das Problem ist – im vierten Schritt hinterfragen wir uns selbst: In wie fern bestätigst du das Ost- bzw. West-Klischee? Was trägst du eigentlich dazu bei, dass dich dein Gegenüber als Ossi bzw. Wessi wahrnimmt? Es geht lediglich ums Realisieren, nicht zwingend darum, dir diese Eigenschaft abzugewöhnen.

Schritt 5: Verändern & Stabilisieren
Wie gut kennst du den Osten oder Westen tatsächlich? Oft gründen Vorbehalte gegenüber Ossis bzw. Wessis auf Stereotypen und nicht unbedingt auf realen Erfahrungen. Viele urteilen über den Osten bzw. Westen, waren aber noch nie wirklich da oder haben kaum Kontakt zu Menschen, die die deutsch-deutsche Teilung noch auf der anderen Seite erlebt haben. Im fünften Schritt geht es also darum, die andere Seite besser kennenzulernen und sie einzuladen, die eigene Welt besser kennen zu lernen.
+ -
Wie ist dieses Projekt entstanden?
Nach der Wende geboren in Altenburg, Thüringen (ehemalige DDR) zog ich zum Studium nach Leipzig und später nach Berlin. Und wie viele, die, wie ich, nach der Wiedervereinigung geboren wurden, musste ich Ostdeutschland erst verlassen, um zu realisieren, dass ich aus Ostdeutschland komme. Und um zu verstehen, was es bedeutet, von Menschen erzogen und geprägt zu werden, die ein Großteil ihres Lebens in der DDR gelebt haben. Auch für die Nach-WendeGeneration scheint die innerdeutsche Teilung also immer noch identitätsprägend zu sein. Seien es die Gefälle in den Möglichkeiten, die die beiden deutschen Teile bieten (Arbeitsmarkt, familiäres Eigentum, etc.) oder die Stigmatisierungen, denen sich Ost und West gegenüber sehen.
Diese Fragen haben mich (mit einem Studienabschluss in Politikwissenschaft und Kommunikationsdesign) lange beschäftigt – und 2020, das 30. Jubiläumsjahr der Deutschen Einheit, war das richtige Jahr meine persönliche Antwort darauf zu formulieren.
+ -
Was hat es mit dem speziellen Design auf sich?
Konzeptionell bewegt sich die Gestaltung immer zwischen Teilung und Einheit. Protagonist des Designs ist deshalb der doppelte i-Punkt aus der Wortmarke. Die beiden Punkte wurden herausgelöst und symbolisieren die beiden Parteien Ost un West. Sie werden zum narrativen Element. Der geschlossene Kreis steht dabei zum einen für die Einheit, der doppelte Kreis zugleich für die Unvereinbarkeit miteinander. Mit den Kreisen entsteht ein einfaches, aber unerschöpfliches grafisches System, dass die komplexe Ost-West Beziehung illustriert.

Durch die kontrastreiche Schriftmischung von Soyuz Grotesk und ITC Clearface können beide deutsche Identitäten typografisch abgebildet werden. Sie zitiert die Einflüsse bzw. die Charaktere von Ost und West und bezieht bewusst keine Schriften aus der Zeit vor der Wiedervereinigung.

Zu Beginn der Gestaltung habe ich vier Attribute festgelegt, denen das Design entsprechen sollte:

Bildend: Die Webseite soll lehrreich, aber nicht belehrend sein.

Zitierend: Das Design soll die Prägungen der beiden Seiten honorieren und Vergangenheiten von Ost und West zitieren, jedoch nicht wiederholen. Das heißt, es sollen keine Originalelemente aus der Zeit der deutschen Teilung verwendet werden, wie zum Beispiel die DDR-Schriften Maxima oder Super Grotesk. Das Farbkonzept zitiert entfernt Verpackungen der Vergangenheit und wirkt nostalgisch.

Zeitgeistig: Das Design strebt nicht an, zeitlos zu sein. Die Webseite versteht sich als historische Momentaufnahme und soll als solche auch erkennbar sein.

Leicht: Die komplexe Beziehung zwischen Ost und West soll mit Leichtigkeit und etwas Humor erfahrbar gemacht werden. Die Webseite soll am Ende Freude bei der Benutzung bereiten. Der Nutzer soll emotional eingebunden werden, ohne ihn dauerhaft mit Fakten zu konfrontieren.
+ -
Gibt es einen Begriff für diese Art von Webseite?
Diese Form von konzeptionellen Webseiten, wie einheit.jetzt, fasse ich unter dem Begriff „Holistic Web“ zusammen. Im Holistic Web verbinden sich Form und Inhalt bedingungslos. Form follows content quasi, oder zu deutsch: Die Form folgt der Botschaft. Dieses Prinzip spiegelt sich auf allen Ebenen einer Webseite wieder. Und darin besteht die Besonderheit: Der Inhalt bzw. die Botschaft manifestiert sich nicht nur in der visuellen Hülle der Webseite, sondern zieht sich bis in den Kern der Seite: Die übergeordnete Botschaft der Webseite diktiert die Benutzerführung und die User Experience genauso wie die Form, wie der User mit der Seite interagiert. Dadurch wird das Medium selbst zum Protagonisten. Im Holistic Web verstehen sich Webseiten als Resonanzkörper eines ganzheitlichen, inhaltsgesteuerten Konzeptes für Erscheinungsbild, Navigation und Interaktion.
ellipse